„Wir können das Klima kurzfristig nicht mehr beeinflussen, aber täglich unsere Umwelt schützen.“

Kann man mit einem neuen Bewusstsein für die Wertigkeit von Lebensmitteln das Klima retten? Das war eine der großen Fragen beim BürgerInnen Forum Europa in der Frutura Thermal Gemüsewelt in Bad Blumau. Über Umwelt, Wirtschaft und die Rettung unseres Planeten durch den „Green Deal“ der EU diskutierten dabei Othmar Karas (Vizepräsident des EU-Parlaments), Magnus Brunner (Staatssekretär), Eva Glawischnig-Piesczek (Nachhaltigkeitsberaterin), Christoph Holzer (Geschäftsführer SPAR Steiermark) und Manfred Hohensinner (Frutura-Eigentümer). Tennisstar Dominic Thiem war mit einer Videobotschaft für den Schutz der Natur und für mehr regionales Handeln beim Einkaufen zugeschaltet.

Europa soll bis zum Jahr 2050 der erste völlig klimaneutrale Kontinent sein, Österreich will die CO2-Neutralität schon 2040 erreichen. Das Ziel ist unbestritten, der Weg dorthin lässt aber noch Raum für Diskussionen. Das hat das BürgerInnen Forum Europa in der Frutura Thermal Gemüsewelt in Bad Blumau klar gezeigt. Passend zur Location mitten im nachhaltigsten Glashaus Österreichs war vor allem das Spannungsfeld zwischen der Lebensmittelproduktion und den Auswirkungen auf den Lebensraum ein zentrales Thema des Abends.

 

Für Manfred Hohensinner, ein Pionier der innovativen Landwirtschaft, ist es das „oberste Ziel, Lebensmittel regional zu produzieren ohne Ressourcen zu verschwenden und bedarfsorientiert zu produzieren, um keine Lebensmittel zu verschwenden.“ Ohne neues Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln bleiben der Lebensraum und das Klima gefährdet, weil Lebensmittel die Grundlagen von allem sind. Sein Vorschlag: eine Regionalisierung auch beim Klimaschutz. „Die Politik kann großflächige Veränderungen ermöglichen, aber es scheitert oft bei der Umsetzung im Kleinen. Wenn alle an einem Strang ziehen sollen, müssen wir regionale Ökosysteme schaffen“, so Manfred Hohensinner. Die Region Fürstenfeld bzw. die Oststeiermark soll zu einer Lebensmusterregion in Europa werden, in der die Anliegen der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Tourismus klimaorientiert gebündelt werden und zukunftsorientiert geforscht wird.

Hier die wichtigsten Zitate des Abends…

… zum Green Deal:

 

  • Wenn wir nicht mit dem Finger aufeinander zeigen und alle anderen zum Schuldigen machen, sondern klar sagen, was an Innovation entstehen muss, um Ziele zu erreichen, dann können wir es schaffen, zum Weltmarktführer bei der Umwelttechnik zu werden. Und wenn wir Geld nicht als Kostenfaktor, sondern als Investitionsfaktor sehen, dann können wir eine lebenswerte Zukunft schaffen und unseren Kindern in die Augen schauen.
    >> Othmar Karas

 

  • Es entsteht im Moment ein globaler Wettbewerb, bei dem es darum geht, wer Klimaziele schneller erreicht und nicht, wer wem am schnellsten das „Haxl“ stellt, damit nichts passiert. Das ist neu und dieses Momentum müssen wir jetzt nutzen.
    >> Othmar Karas

 

  • Wir dürfen beim Klimaschutz nicht jede Frage ideologisieren, denn dann gibt es sofort Konfrontationen, aber kein Nachdenken über Lösungen, dann gibt es Sieger und Verlierer und immer einen Schuldigen. Der entscheidende Punkt ist, dass wir veränderungsbereit sind.
    >> Othmar Karas

 

  • Wir sind auf einem Pfad unterwegs, der nicht nachhaltig ist. Die Politik muss die Rahmenbedingungen und Spielregeln verändern, weil einzelne Unternehmen werden sich nicht aufopfern. Noch ist es möglich, die Kurve zu kratzen, wenn wir uns wirklich anstrengen, und zwar nicht nur die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft, sondern vor allem die Politik. Es muss Planbarkeit geben, damit wir den großen Tanker Weltwirtschaft noch herumreißen können.
    >> Eva Glawischnig-Piesczek

… zur Mobilität:

  • Wir müssen bei der Mobilität technologie-offen bleiben. Sich zu früh auf eine bestimmte Technologie festzulegen, ist der falsche Weg, weil verschiedene Technologien unterschiedlich anwendbar sind. Elektromobilität macht Sinn im Individualverkehr, im Schwerverkehr oder auf der Langstrecke wird es vielleicht der Wasserstoff sein und auch der Verbrennungsmotor wird uns noch eine Zeit lang begleiten, wir müssen nur schauen, dass er anders befüllt wird.
    >> Magnus Brunner

 

… zum aktiven Klimaschutz:

  • Die Probleme sind nur gemeinsam mit der Wirtschaft zu lösen. Die Wirtschaft und ihre Innovationskraft sind ein Teil der Lösung. Denn wir kennen heute erst einen Teil der Technologien, die wir brauchen, um unsere Klimaziele zu erreichen. Mit den derzeit vorhandenen Technologien werden wir es nicht schaffen.
    >> Magnus Brunner

 

  • Wir werden unser Klima kurzfristig nicht mehr beeinflussen können, das haben wir nicht mehr in der Hand, das ist eine Frage von Generationen. Aber was wir kurzfristig schützen können ist unsere Umwelt – und das täglich. Das ist auch unser Frutura-Motto, das wir leben: Wir wollen die Welt gemeinsam jeden Tag ein bisschen besser machen.
    >> Manfred Hohensinner

 

  • Wir leben in einer Gesellschaft, die im Regelfall den Status Quo gegen die Veränderung verteidigt.
    >> Othmar Karas

 

  • Ich wünsche mir, dass Jugendliche in der Oberstufe kochen lernen, das kann auch Teil der Matura sein – damit sie Lebensmittel wieder kennen- und schätzen lernen und das Bewusstsein entwickeln, dass es keine Wegwerfprodukte sind.
    >> Eva Glawischnig-Piesczek

 

… zu Verboten und Regeln:

  • Beim Klimaschutz müssen wir Lebensrealitäten berücksichtigen und mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammenarbeiten. Wenn wir mit erhobenem Zeigefinger über Verbote sprechen und einfach drüberfahren, werden wir die Menschen nicht mitnehmen.
    >> Magnus Brunner

 

  • Fernreisen nach Bali sind ökologisch nicht vertretbar, so ehrlich muss man sein. Wir können den Luxus, den wir jetzt haben, so nicht weiter leben. Die junge Generation hat eine klare Botschaft: Macht es jetzt endlich, es gibt keine Ausreden. Es muss ernsthafte Einschnitte in unser Lebensmodell geben.
    >> Eva Glawischnig-Piesczek

… zum Konsumverhalten:

 

  • Viele Menschen haben Angst, ihren persönlichen Wohlstand zu verlieren, den sie sich über Jahrzehnte aufgebaut und erarbeitet haben. Das tägliche Stück Fleisch ist noch immer Ausdruck dieses Wohlstands.
    >> Christoph Holzer

 

  • Vor 40 Jahren ist man noch davon ausgegangen, dass man 25 – 30% des Haushaltseinkommens für Lebensmittel ausgibt. Heute liegen wir bei 9%. Wir müssen den Menschen vermitteln, dass Lebensmittel und Lebensqualität unmittelbar zusammenhängen. Wenn sie nur auf den günstigsten Preis schauen, dann sind es ihre eigene Lebensqualität und ihr eigener Lebensraum, die sie zerstören – und das nur, um vielleicht das 3. Handy oder das 2. Auto zu haben… Das wird es auf Dauer nicht spielen, da müssen wir die Wertigkeit wieder richtigstellen.
    >> Christoph Holzer

 

  • Alles, was gut schmeckt, schmeißt man nicht weg. Qualität ist das wirksamste Mittel gegen Lebensmittelverschwendung. Dieses Verständnis müssen wir vor allem in die urbanen Räume bringen.
    >> Manfred Hohensinner

 

… zur Ausbildung

 

  • Für uns als Frutura ist es schwierig, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen. Wir kämpfen in der Region darum, den jungen Menschen bewusst zu machen, welch tolle Berufe sie in der modernen Landwirtschaft erlernen können. Österreich ist hier noch sehr traditionell unterwegs, obwohl es in diesem Bereich große Chancen gäbe.
    >> Katrin Hohensinner

Den gesamten Livestream zum Nachschauen gibt es hier!

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